Systematische Abhandlungen

Die Spiritualität war durch die Jahrhunderte eines der wichtigsten Fächer der Theologie. Sie mußte in den letzten Jahrzehnten – sehr zum Leidwesen der Seelen – vielfach der Psychologie, der Soziologie und vielem esoterischen Unfug weichen. Hier aber finden Sie noch die alten Schätze…

Das Wesen christlicher Spiritualität

Christliche Spiritualität meint jene ganz einzigartige Beziehung des Menschen zu Gott – zu dem absoluten Gott, der über alles erhaben und vollkommen ist, der ganz und gar heilig ist – die darauf gründet, daß nicht der Mensch sich Gottes irgendwie bemächtigt – denn das kann er nicht – sondern darauf, daß Gott selbst sich in und durch seine Menschwerdung in Jesus Christus dem Menschen geschenkt hat, um in seiner Kirche durch die Zeiten hindurch fortzuwirken.

Der unendliche Abstand zwischen dem Unendlichen und dem Endlichen kann nur von Gott selbst überbrückt werden. Jesus Christus aber ist die Mensch gewordene zweite Person Gottes, er ist zugleich und unverkürzt wahrer Gott und wahrer Mensch.

Von da aus zeigt sich, wie vergeblich die rein menschlichen Versuche sein müssen, Gott “von unten her” zu fassen, sei es durch Erkenntnis (Gnosis) oder durch bloß “negative”, d.h. die Welt verneinende Askese; und ebenso zeigt sich, wie weit die “anderen Religionen” und philosophischen Systeme hinter dem Christentum zurück bleiben: Sie können, so lange sie die universale Mittlerschaft Christi nicht erkennen und anerkennen, unmöglich das rechte Verhältnis des Menschen zu Gott zu finden; sie sind nicht “andere Wege” zu Gott, sondern Irrwege, auf denen bestenfalls gewisse Aspekte des Göttlichen sichtbar werden können.

Die anderen “Religionen” nämlich versuchen:

  • durch totale Unterwerfung unter jene Willkür, von der sie meinen, daß sie das Wesen Gottes ausmache (Islam),

  • durch Einsicht in die Hinfälligkeit endlicher Existenz, durch die daraus hervorgehende Scheindemut und durch die daraus folgende Auflösung allen Seins und Strebens ins Nichts (Buddhismus), oder aber

  • durch eine aus dem Pantheismus oder Polytheismus hervorgehende allgemeine Indifferenz der Wirklichkeit gegenüber (Hinduismus), so wie auch

  • durch rein innerweltlichen, sei es technischen, sozialen oder wissenschaftlichen Fortschritt, in welchem sich die übersteigerte Hybris ausdrückt,

einen paradiesähnlichen Zustand herzustellen oder gewissermaßen eine Selbsterlösung zu bewirken (Fortschrittsglaube, Wissenschaftsglaube, Liberalismus, Sozialismus, Esoterik).

Daß aber jede Art von menschengemachter “Erlösung” nichts anderes als Täuschung und Trug sein kann, dürfte sich angesichts der oben angesprochenen ontologischen Grundtatsache des unendlichen Abstandes der Welt von Gott von selbst verstehen.

Wie uns die Geschichte belehrt, laufen konsequenterweise die Versuche menschlicher Selbsterlösung bestenfalls darauf hinaus, nur jene Befreiung von der Last des Irdischen zu schenken, die der Tod oder das Absterben des Geistes an sich schon mit sich bringen, aber keinesfalls zur Erlösung – wenn sie nicht sogar darauf hinauslaufen, die Erde zur Hölle zu machen, wie es schon der Dichter Hölderlin in seinem Hyperion so schön gesagt hat.

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